Samstag, 5. Juli 2014

BGH wehrt dem Wucher bei den Abschleppkosten für Falschparker

Unbefugt auf fremden Grundstücken abgestellte Kraftfahrzeuge dürfen von Privat abgeschleppt werden und müssen nur nur gegen Bezahlung der Abschleppkosten herausgegeben werden. Das hat der BGH bereits im Jahre 2009 (V ZR 144/08) klargestellt. Er hat das unbefugte Abstellen des Fahrzeugs als Beeinträchtigung des unmittelbaren Besitzes des Grundstücksbesitzers an der Parkplatzfläche und damit als verbotene Eigenmacht (§ 858 BGB) qualifiziert. Zur Beseitigung der Beeinträchtigung dürfe der Grundstücksbesitzer sofort sein ihm von dem Gesetz gewährtes Selbsthilferecht (§ 859 BGB) ausüben.Zwar hielt der BGH auch damals schon fest, dass dieses Selbsthilferecht nicht schrankenlos gilt, sondern nur im Rahmen der Regeln von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB ausgeübt werden darf. Das führt aber nicht dazu, dass ein Fahrzeug beispielsweise schon dann nicht mehr abgeschleppt werden kann, wenn es auf dem fraglichen Parkplatz noch freie Plätze gibt. Denn nach Ansicht des BGH kann der Eigentümer nach § 903 BGB mit seinem Eigentum beliebig verfahren und sich verbotener Eigenmacht erwehren. Dies gilt nach dem BGH auch dann, wenn sich die verbotener Eigenmacht nur auf einen Teil des Eigentums bezieht.

Trotzdem deutete der BGH seinerzeit bereits an, dass Fahrzeuge nicht ohne jede Einschränkung abgeschleppt und Kosten dafür nicht ohne jede Einschränkung geltend gemacht werden können. Denn schon seinerzeit wies der BGH darauf hin, dass für den Abschleppvorgang geltendgemachte Kosten durchaus überhöht sein können. Darauf hebt er in seiner aktuellen Entscheidung nun ab:

Die Ersatzpflicht des Falschparkers werde, so der BGH aktuell in der Entscheidung 5 ZR 229/13 durch das Wirtschaftlichkeitsgebot begrenzt. Er habe nur diejenigen Aufwendungen zu erstatten, die ein verständiger und wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Besitzers der Parkflächen machen würde. Maßgeblich sei, wie hoch die ortsüblichen Kosten für das Abschleppen und die unmittelbar mit der Vorbereitung des Abschleppvorgangs verbundenen Dienstleistungen sind. Regionale Unterschiede seien zu berücksichtigen. Dies sei durch Preisvergleich, notfalls durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu klären .

Und: die Kosten für Überwachung der Parkfläche dahingehend, ob sie von Falschparker benutzt wird, können vom Parkplatzbesitzer nicht auf die Falschparker umgelegt werden. Der BGH verweist hier auf die Rechtsprechung für Kaufhausdetektive; deren Gehalt kann auch nicht auf die Kaufhausdiebe umgelegt werden.

Freitag, 4. Juli 2014

Revolution im internationalen Erbrecht: Ab 17.08 2015 gilt die Europäische Erbrechtsverordnung!

... und vieles ändert sich im erbrechtlichen Kollisionsrecht, worauf die Süddeutschen Zeitung heute - sogar mit einem Aufmacher auf Seite 1 - noch einmal hinweist.

1. Innerhalb der EU gilt für jeden Todesfall ab dem 17.08.2015 das Kollisionsrecht der EUErbVO.

2. Für den Erbfall gilt damit das Recht des gewöhnlichen Aufenthaltsorts. Das heißt: Wer seinen Lebensabend in Frankreich verbringt und dort stirbt, dessen gesamten Nachlass regelt sich - anders als bisher - nach französischem Recht. Während bisher der in Frankreich verstorbene Deutsche seinen Nachlass - zumindest den beweglichen - nach deutschem Recht vererbte, (während in Frankreich Immobilienbesitz schon immer nach französischem Recht überging), der unterliegt nun, wenn er zum Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Frankreich hatte, komplett dem französischen Erbrecht.

3. Durch Testament kann diese Regelung abbedungen werden. Man hat die Möglichkeit, statt dem Recht des Aufenthaltsort auch das Heimatrecht zu wählen, Art 22 EUErbVO. Das kann dramtische Auswirkungen auf die Gestaltung im Bereich des Pflichtteilsrechts haben.
Denn während z.B. in Deutschland, Österreich, den Niederlanden und Polen der Pflichtteil als schuldrechtlicher Anspruch gegen den Nachlass ausgestaltet ist, haben z.B. in Italien, Frankreich, Griechenland Belgien, Portugal Spanien (str.) oder der Türkei auch durch letztwillige Verfügung ausgeschlossene Pflichtteilsberechtigte hinsichtlich Ihres Pflichtteils eine echte Miterbenstellung (sog. Noterbenrecht).
In Großbritannien und außerhalb der EU z.B. in Australien oder Florida bekommen durch Verfügungen von Todes wegen von der Erbfolge Ausgeschlossene gar nichts.

Ein gutes Jahr Zeit haben wir noch, uns auf die Revolution im Erbrecht vorzubereiten. Hier einige Links zu brauchbaren ersten Informationen:

Text der EUErbVO

Übersichtlicher Text der EUErbVO bei Beck-Online (propretär) 

Der Inhalt der EU-Erbrechtsverordnung im Überblick - bei IWW

Merkblatt der deutschen Vertretungen in Spanien zum neuen Recht

 (mit identischem Wortlaut auch von deutschen Vertretungen in anderen EU-Ländern veröffentlicht)

Überblick über die EUErbVO beim DNotI mit ersten Überlegungen zum Begriff des gewöhnlichen Aufenthaltsortes

Die Europäische Erbrechts-VO in der Gestaltungspraxis - sehr schöner Artikel von Odersky in Notar 1 - 2013, S. 3 - mit Formulierungsvorschlägen für die Rechtswahl in Testament und Erbvertrag.