Samstag, 19. November 2011

Jetzt ist es amtlich: Mieter dürfen Piratenflagge ins Kinderzimmer-Fenster hängen!

LG Chemnitz: Freibeuter-Fahne verunstaltet die Fassade nicht und schreckt auch keine Mietinteressenten ab.

Wie so viele andere Kinder wollte Kevin (oder war es Elvis?) aus Chemnitz nicht mehr länger Kevin (oder Elvis) sein, sondern Jack: Jack Sparrow - Captain Jack Sparrow! Und deshalb hängte er zum Zeichen seiner neuen Identität die Fahne der Freibeuter ins Fenster seines Kinderzimmers, auf dass alle Nachbarn es wissen sollten: Mit Kevin Sparrow ist nicht zu spaßen! (Es muss Kevin gewesen sein - Elvis Sparrow ist kaum auszusprechen!)

Und tatsächlich: Der Vermieter von Kevins Mutter fand das auch gar nicht spaßig. Er verlangte, die Flagge umgehend zu beseitigen. Sie verschandele das ganze Haus, in dem noch Wohnungen frei waren und in die nun angeblich keiner mehr einziehen wolle: Wer will schon mit mit Piraten unter einem Dach leben?! Sie rauben (einem den Nerv), morden (einem den Nachmittagsschlaf) und trinken (eine Fanta nach der anderen) - kurzum: Sie sind eine Zumutung für jeden gesetzestreuen Bürger.

Aber Kevin wäre nicht Captain Jack Sparrow, wenn er so einfach aufgegeben hätte! Und auch seine Mutter sah nicht ein, warum man die Fahne der Freiheit einfach einrollen sollte. Zumal sie vermutete, mit der spassbremsenden Forderung des Vermieters vor allem deshalb konfrontiert zu sein, weil sie diesem kurz zuvor eine umfangreiche Liste mit Mängeln an der Wohnung hatte zukommen lassen. Die Sachsen waren (und sind) von jeher ein eigensinniges, um nicht zu sagen: aufsässiges Volk.

Der Vermieter zerrte die Piratenmutter vor Gericht und forderte Schadensersatz und die Entfernung des Symbols der Freiheit. Der Amtsrichter gab ihm sogar Recht. Allerdings griff in zweiter Instanz das Landgericht Chemnitz ein und brach eine Lanze für Captain Kevin:
Wenn erkennbar sei, dass es sich um eine Kinder-Piraten-Flagge handele, sei der Schreck für die Erwachsenen, die ihrer gewahr werden, nicht so groß, dass sie entfernt werden müsse. Ohnehin würde in anderer Umgebung eine Freibeuterfahne nicht groß auffallen: In Hamburg auf St. Pauli zum Beispiel...

Allerdings hielt das Gericht auch fest, dass es sich vorbehalte, bei weiteren Beflaggungs-Fällen unter Umständen anders zu entscheiden: Die generelle Verwendung von Totenkopf-Flaggen wollte es nicht genehmigen, außerdem sei sicher anders zu entscheiden, wenn alle Fenster einer Wohnung piratenbeflaggt würden...

...womit auch diese, für uns alle eminent wichtige Frage des täglichen Lebens verbindlich entschieden wäre: Nieder mit den Knechten des Empires!

Quelle: Spiegel-Online, der den ganzen Prozess mit ebenso ausführlicher wie wohlwollender Berichterstattung begleitete. Kein Wunder: Sitzt doch die Redaktion des Spiegel in Hamburg, diesem Piraten-Nest...

(C) Foto Flagge: Tina Gössl auf www.pixelio.de

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